Blower-Door 1×1: Was bedeuten n50-Werte – und was ist „gut“?
EN ISO 9972 • n50/nL50 & q50 • Grenzwerte • Ablauf & Nutzen
Quick-Start: Was ist der n50?
n50 ist die Luftwechselrate bei 50 Pa Differenzdruck: Wie oft das Innenluftvolumen eines
Gebäudes pro Stunde ausgetauscht wird, wenn per Ventilator 50 Pa Über-/Unterdruck anliegen. Formel: n50 = V̇50 / V
(V̇50 = Volumenstrom bei 50 Pa, V = Gebäudeluftvolumen). 50 Pa entsprechen etwa
einer 5 mm Wassersäule (≈ Windstärke 5).
n50, nL50 oder q50 – was gilt für mich?
- nL50: In Deutschland wird seit 2018 (mit nationalem Anhang zu EN ISO 9972) häufig der Netto-Luftwechsel nL50 auf Basis des Netto-Rauminhalts (DIN 277) ausgewiesen – gleiche Idee wie n50, aber mit national festgelegter Bezugsgröße.
- n50: International verbreitet; ebenfalls Luftwechselrate bei 50 Pa (andere Volumen-Definition).
- q50/qE50: Bei großen Gebäuden/Komplexen wird die Undichtheit oft auf die Hüllfläche bezogen (m³/(h·m²) bei 50 Pa).
Welche Werte sind „gut“ – und welche müssen mindestens sein?
Kategorie | Richt-/Grenzwert bei 50 Pa | Hinweis |
---|---|---|
GEG/DIN (ohne Lüftungsanlage) | n50 ≤ 3,0 h⁻¹ | Mindest-Grenzwert für Nachweisfälle |
GEG/DIN (mit Lüftungsanlage) | n50 ≤ 1,5 h⁻¹ | Mindest-Grenzwert für Anlagen mit RLT/WRG |
Neubau-Empfehlung | ≈ 1,0 h⁻¹ oder besser | gute Praxis für Effizienzhäuser |
Passivhaus-Kriterium | ≤ 0,6 h⁻¹ | Zertifizierungsgrenze (beide Richtungen gemittelt) |
Wie läuft eine Messung nach EN ISO 9972 ab?
- Vorbereitung: Termin bei ruhigem Wetter. Alle Innentüren offen, Fenster/Außentüren zu. Lüftungsöffnungen je nach Zweck abdichten oder in Betriebsstellung (Verfahren nach Norm).
- Aufbau: Ventilator in Tür-/Fensteröffnung, Drucksensoren & Referenzschläuche positionieren.
- Messreihe: Mehrere Stützpunkte (i. d. R. 10–60 Pa), Über- und Unterdruck; Auswertung mittels Regressionslinie, Ergebnis als V̇50, n50/nL50 bzw. q50.
- Leckageortung: Während der Messung mit Nebel, Anemometer, Thermografie gezielt Undichtheiten finden (Stöße, Anschlüsse, Dosen, Rollladenkästen, Fensteranschlüsse…).
- Protokoll: Normkonformes Messprotokoll inkl. Gerätekalibrierung, Wetter, Volumenberechnung, Messpunkte, Unsicherheit & Ergebnis.
Nutzen für dich
- Feuchteschutz: Weniger Konvektion = weniger Tauwasser in Bauteilen (Schimmelprävention).
- Energie & Komfort: Zugluft sinkt, Solltemperaturen stabiler, Heizsystem arbeitet ruhiger.
- Qualitätssicherung: Mängel früh finden (idealerweise 1× in der Bauphase + 1× zum Nachweis).
Typische Leckagestellen
- Fenster-/Türanschlüsse, Rollladenkästen, Laibungen → siehe Wärmebrücken
- Durchdringungen: Kabel, Rohre, Hohlwanddosen → Dampfsperre: richtig abdichten
- Dach/Decke: Anschlüsse an Sparren, Luke/Deckel, Folienstöße
- Installationszonen, Schächte, Bauteilfugen
Mess-Vorbereitung (Checkliste)
- Fenster/Außentüren schließen, Innentüren öffnen.
- Feuer/Ofen sichern (Asche kalt, Zuluft geschlossen, Herstellerhinweise beachten).
- Lüftungsanlage entsprechend Normzweck abstellen/öffnen/abdichten (wird beim Termin abgestimmt).
- Geruchs-/Feuchtequellen minimieren, Tiere sichern.
- Pläne bereitlegen (Grundrisse, Hüllfläche), Volumen/Netto-Rauminhalt klärbar.
Interpretation & nächste Schritte
Liegt dein Ergebnis unter dem Grenzwert, ist der Nachweis geschafft – aber oft lohnt sich Feintuning: Leckagen abdichten, Fensteranschlüsse prüfen, Lüftung anpassen, Heizkurve optimieren. Für Effizienz-Ziele (≈1,0 oder besser) sind durchgängige Luftdichtheit und sorgfältige Detailausführung entscheidend.
FAQ – groß & konkret
Warum messen wir bei 50 Pa – ist das realistisch?
50 Pa ist ein internationaler Referenzwert, robust gegenüber Messrauschen und gut reproduzierbar. Er entspricht etwa 5 mm Wassersäule bzw. Windstärke 5; daraus wird auf Undichtheit geschlossen – nicht auf „Alltags-Luftwechsel“.
n50 oder nL50 – was steht im deutschen Prüfbericht?
Seit dem deutschen Anhang (2018) verwenden Prüfberichte oft nL50 (Netto-Luftwechsel nach DIN 277). International triffst du weiterhin n50 an – inhaltlich gleichartig, aber mit anderer Volumenbasis. Beide werden im Messprotokoll sauber definiert.
Was ist mit großen Gebäuden?
Dort nutzt man häufig q50 (m³/(h·m²) Hüllfläche) bzw. qE50. Die Grenzwerte können sich von Wohngebäuden unterscheiden. Frage den Messdienstleister nach der passenden Kenngröße.
Gilt „3,0 / 1,5 h⁻¹“ immer?
Das sind Grenzwerte für den Nachweis (ohne/mit Lüftungsanlage). Vertrags-/Förderziele oder Passivhaus setzen strengere Ziele (z. B. ≤ 0,6). „Gut“ ist darum oft besser als nur „erlaubt“.
Macht Messen in der Bauphase Sinn?
Ja: „Baubegleitende“ Messung findet Leckagen, solange sie noch leicht behebbar sind. Zum Nachweis folgt die Messung nach Fertigstellung.